Philip Beck, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2022 :

"Tuning the Spin-Orbit Coupling and the Spin Dynamics of Atomic Chains on Superconductors"



Summary

Kurzfassung

Die immer zunehmende Nachfrage nach höherer Rechenleistung kann nur noch bedingt durch eine Verkleinerung von lithographisch hergestellten integrierten Schaltkreisen gestillt werden. Neue Ansätze schlagen daher vor, die elektrische Ladung durch den Elektronenspin als Informationsträger zu ersetzen (Nanospintronik) oder aber quantenmechanische Zustände zur Informationsverarbeitung zu nutzen (Quantencomputer). Die Erabeitung solcher Konzepte ist zu einem der wichtigsten Forschungsschwerpunkte der modernen Festkörperphysik geworden. In den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte hinsichtlich des Baus von Quantencomputern erzielt. Allerdings hat sich herausgestellt, dass die Kohärenzzeiten von gängigen Qubits zu kurz sind. Daher wird mit Nachdruck an topologisch geschützten Qubits geforscht, welche die nicht-Abelschen Eigenschaften von sogenannten Majorana-Moden (MM) nutzen sollen. Im Forschungsbereich der kondensierten Materie wurde das Auftreten solcher Moden an den Grenzflächen von topologischen Supraleitern vorhergesagt. Diese Dissertation befasst sich mit beiden obengenannten Konzepten (Nanospintronik und MM) durch die Erforschung von atomaren Spinketten auf den Oberflächen von konventionellen Supraleitern. Die atomaren Ketten werden mit Hilfe eines Rastertunnelmikroskops (RTM) fabriziert - künstliche Strukturen werden Atom für Atom mit der Spitze des RTM gebaut - und anschließend mittels Rastertunnelspektroskopie untersucht. Zusätzlich werden magnetische Spitzen eingesetzt, um Spin-sensitive und zeitabhängige Messungen der elektronischen Struktur durchzuführen. Die Experimente wurden in einem RTM mit einer Basistemperatur von 320 mK und einem supraleitenden Magneten (12 T) durchgeführt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden drei verschieden Probensysteme untersucht um günstige Eigenschaften einer Spinkette hinsichtlich der Realisierung von MM zu finden. Diese Eigenschaften werden vor allem bestimmt durch die lokal gebundenen Zustände, welche magnetische Verunreinigungen auf Supraleitern induzieren - sogenannte Yu-Shiba-Rusinov (YSR) Zustände - und von deren elektronischen und magnetischen Wechselwirkungen in größeren künstlichen Strukturen, wodurch sogenannte Shiba-Bänder entstehen. Zunächst werden einzelne Mn Adatome, künstliche Dimere und Ketten aus Mn auf Nb(110) untersucht. Diese Plattform ermöglicht insbesondere die Herstellung von defektfreien atomaren Spinketten und eine hervorragende Energieauflösung bei der spektroskopischen Untersuchung dieser Ketten, was bei bisherigen Systemen nicht möglich war. Diese Vorzüge erlauben eine indirekte Messung der Bandstruktur von eindimensionalen Ketten im Impulsraum, wodurch das Auftreten einer topologischen Energielücke in einem Shiba-Band nachgewiesen werden konnte. Allerdings zeigen die Experimente auch, dass die Spin-Bahn-Kopplung (SBK) in diesem System zu niedrig ist, um eine genügend große topologische Energielücke zu erzeugen, die isolierte MM beherbergt. Um den Einfluss der SBK auf Shiba-Bänder zu untersuchen, wird eine Vergleichsstudie mit strukturell identischen Mn Ketten auf Ta(110) durchgeführt. Da Niob und Tantal sehr ähnliche physikalische Eigenschaften haben, mit Ausnahme der atomaren Massenzahl und der SBK, können Änderungen der Shiba-Bandstruktur auf eben diese Größen zurückgeführt werden. So wird experimentell gezeigt, dass die Größe der topologischen Bandlücke in der Tat von der Stärke der SBK abhängt. Diese Erkenntnis zeigt, dass ultradünne Filme schwerer metallischer Elemente (z.B. Gold oder Iridium), welche auf Nb(110) epitaktisch gewachsen werden, vielversprechende Substrate zur Realisierung von isolierten MM in Shiba-Ketten sind, da diese eine hohe SBK mit der großen Energielücke des Niobs vereinen. Solche Substrate sind die dritte Materialplattform, die in dieser Arbeit untersucht wird. Es wird gezeigt, dass es möglich ist, defektfreie eindimensionale Spinketten auf solchen Heterostrukturen zu konstruieren, die exakt ein niedrigenergetisches dispersives Shiba-Band besitzen. Des weiteren wird die Dynamik von antiferromagnetischen Spinketten auf Supraleitern mit zeitaufgelöster Spin-sensitiver RTM untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Spinkette durch Ändern des Magnetfeldes von einen quasiklassischen Neel-Zustand in einen Quantenspinzustand überführt werden kann, bei dem die Spins durch die Energielücke des Substrats weitestgehend von den Substratelektronen abgekoppelt sind. Zukünftig könnten mit solchen Spinketten daher interessante Quantenkohärenz-Experimente durchgeführt werden.

Titel

Kurzfassung

Summary

The ever-growing demand for high-performance computational power can no longer be met by the miniaturization of existing Si-based integrated circuit technology. New approaches that replace the electrical charge as the information carrier such as nanospintronics or overall new computing schemes such as quantum computation are promising technological routes to address these issues and are at the heart of modern physics research. While research towards quantum computation has made large leaps forward in recent years, it also became apparent that the decoherence time of the so-far realized qubits is too short. A heavily pursued approach to solve this issue is the use of topologically protected qubits that rely on exotic non-Abelian Majorana bound states (MBS), which can be realized as excitations in condensed-matter systems e.g. at the boundaries of topological superconductors. This Ph.D. thesis addresses the experimental realization and fundamental properties of both technological concepts (nanospintronics and topological qubits) in the platform of artificial atomic spin chains assembled on the surfaces of s-wave superconductors. The methods of scanning tunneling microscopy (STM) and - spectroscopy (STS) are employed to construct such chains and different operational modes are used to investigate their magnetic and electronic properties as well as their spin dynamics. The experiments are carried out in a setup with a base temperature of 320 mK and an external magnet capable of applying a 12 T magnetic field. Three material systems are investigated in the course of this thesis in order to determine suitable properties for the realization of MBS in spin chains on superconductors. These properties are closely linked to the local bound states that magnetic adatoms induce in superconductors - Yu-Shiba-Rusinov (YSR) states - as well as their magnetic and electronic interactions in ensembles of multiple adatoms, which give rise to Shiba bands. The first material platform investigated in this thesis are single adatoms, artificial dimers, and chains of Mn adatoms on Nb(110). The platform is characterized by an unprecedented energy resolution in STS experiments and a highly reproducible control and fabrication of nanostructures tailored from individual adatoms. This enables the indirect observation of Shiba band formation in momentum space and reveals the effect of SOC on these bands - a topological gap in a Shiba band. The experiments reveal that a low SOC is the limiting factor, preventing the realization of a large topological gap hosting isolated MBS in this material platform. A comparative study on similar Mn structures on Ta(110) is performed to further investigate the role of SOC, which is enabled by the fact that the main significant differences between niobium and tantalum are their atomic masses and their SOC strengths. A comparison of similar Mn chains and Shiba bands on both substrates reveals that the size of the topological gap can indeed be increased by heavy substrates. This highlights that proximitized films of a high-Z layer on Nb(110) can be ideal substrates for Shiba chains to realize isolated MBS, which is the third material platform investigated in this thesis. It is demonstrated that Fe chains on one atomic layer of Au on Nb(110) can be tailored into a single Shiba band regime. Last, the spin dynamics of antiferromagnetically coupled spin chains on Ta(110) are investigated using time-resolved spin-polarized STM. By tuning external parameters, such as the magnetic field, we drive the system from the quasiclassical case into the decoupled quantum limit, where the chain is largely decoupled from itinerant quasiparticles of the metallic substrate by the superconducting gap. We conclude that spin chains on superconductors are promising systems for future studies of quantum coherence effects.